Patienten warten siebenmal länger auf medizinische Versorgung als nötig

Vor dem Hintergrund, dass jahrzehntelang vergeblich versucht wurde, die ausufernden Wartezeiten in der Sekundärversorgung zu reduzieren, wurde Dynaplan von dem Universitätsklinikum Bergen (Norwegen) verpflichtet, deren Wartelistenmanagement zu bewerten.

Analyse des Ist-Zustands

Unter Verwendung von Dynaplan Smia wurde ein Simulationsmodell des aktuellen Patientenflusses erstellt. Das Modell wurde mit den Daten der Klinik befüllt. Erstaunlicherweise legten die Modellsimulationen drei alarmierende Eigenschaften des aktuellen Wartelistenmanagements in der untersuchten Abteilung offen:

  1. Selbst wenn zu Beginn der Experimente die Warteliste leer ist und die verfügbare Kapazität dem Bedarf entspricht, wuchs die Warteliste schnell auf die gleiche Länge, welche die Abteilung aktuell vor Probleme stellt.
  2. Versuche die Wartezeiten durch zusätzliche Kapazitäten zu verkürzen, verbesserten die Lage weniger als erwartet.
  3. Temporär höhere Ressourcen reduzierten die Wartezeiten nur kurzfristig. Kurz nach Ende der Initiativen wuchs die Warteliste wieder auf ihr ursprüngliches Niveau.

Die Haupterkenntnis dieser Experimente war, dass die langen Wartezeiten der untersuchten Abteilung nicht auf einen Mangel an Ressourcen zurückzuführen sind, sondern mit beträchtlichen Nebeneffekten des Wartelistenmanagments zusammenhängen.

Termin im Kalender

Potenzielle Verbesserungen

Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde der Fokus auf ein besseres Wartelistenmanagement gelenkt. Abläufe wurden verbessert, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden und gleichzeitig sicherzustellen, dass alle Patienten entsprechend ihrer Beschwerden rechtzeitig versorgt werden.

In der untersuchten Abteilung zeigten unsere Studien, dass durch den Wegfall einer Priorisierung die durchschnittliche Wartezeit von über zwei Monaten auf unter zwei Wochen reduziert werden kann. Die Wartezeit von Patienten, die aktuell ein ganzes Jahr warten, kann auf zwölf Tage reduziert werden. Obendrein können solche Reduktionen ohne eine permanente Erhöhung der Ressourcen erreicht werden.

Verstehen des Problems

Priorisierung bedeutet in diesem Zusammenhang eine höhere Wartezeit für Patienten mit geringerer Priorität, um Platz zu schaffen für später ankommende Patienten mit höherer Priorität.

Es ist eine weit verbreitete Meinung unter Fachleuten, dass eine Priorisierung notwendig ist. Jedoch zeigen unsere Studien, dass Priorisierung nur dann nötig ist, wenn die Wartezeiten eine bestimmte Grenze überschritten haben.

Anders als allgemein angenommen, erzeugt eine Priorisierung einen Teufelskreis, aus welchem es kein Entrinnen gibt. Das System begibt sich in einen Zustand, in welchem die „Lösung“, wie unten dargestellt, zum Problem wird.

Teufelskreis mit Priorisierung

  1. Lange Wartezeiten machen eine Priorisierung notwendig.
  2. Priorisierung führt zu langen Wartezeiten.
  3. Der Kreis schließt sich.

Solang das System innerhalb dieses Kreises operiert, werden die meisten Patienten unnötig lange Wartezeiten erleben.

Eine offensichtliche Lösung für das Problem ist, mehr Ressourcen zur Reduzierung der Wartezeiten einzusetzen. Jedoch ist die Sache bei Teufelskreisen nicht so einfach. Unsere Simulationen und die Studien anderer zeigen, dass ohne angemessene Änderung der Prozesse zusätzliche Ressourcen eine Verschwendung von Zeit und Geld sein können.

Das Problem besteht nicht nur in Norwegen

Die Situation im Universitätsklinikum Bergen ist nicht einzigartig. Seit mehr als 30 Jahren erleben Patienten im ganzen Land alarmierend lange Wartezeiten. Eine Umfrage der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) kommt zu dem Schluss, dass bis auf eine alle 13 der untersuchten Länder vergeblich gegen lange Wartezeiten im Gesundheitswesen ankämpften.

Fazit

Der wissenschaftliche Artikel dieser Untersuchungen (zitiert unten) kommt zu folgendem Schluss:

Eine mangelhafte Methode zur Terminvergabe kann lange Wartezeiten verursachen, selbst wenn die verfügbare Kapazität den Bedarf deckt.

Durch die Reduzierung der Wartezeiten und Verwerfung der Priorisierung konnten in der untersuchten Abteilung die Länge der Warteliste und die durchschnittlichen Wartezeiten durchgehend um 90% reduziert werden, ohne das Verhältnis von Kapazität und Bedarf dauerhaft zu verändern.

Der interessierte Leser kann mehr über das Projekt und die Ergebnisse in dem Artikel Long Waiting Times for Elective Hospital Care – Breaking the Vicious Circle by Abandoning Prioritisation erfahren, welcher von IJHPM (International Journal of Health Policy and Management) veröffentlich wurde.

Lesen Sie den kompletten Artikel 

Berichterstattung in den Medien

23. Dezember 2019

Dynaplan macht Schlagzeilen in Norwegen! Norsk rikskringkasting (NRK), der größte Nachrichtenanbieter in Norwegen, hat Magne Myrtveit und Solbjørg Makalani Myrtveit Sæther zu deren bahnbrechender Arbeit über Wartelisten im Gesundheitswesen interviewt. Über Weihnachten wurde es in Zeitungen veröffentlicht sowie im Fernsehen und Radio ausgestrahlt.

9. Januar 2020

Zeitungsartikel in Nordhordland (auf einer zahlungspflichtigen Seite, per Google Translate vom Norwegischen ins Deutsche übersetzt)

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